Die Corona-Pandemie hat die soziale Entwicklung vieler Kinder gebremst / Wie Pädagogen jetzt gegensteuern
Eins ist klar: Die Kinder und Jugendlichen an den Schulen brauchen zurzeit – in der Talsohle der Corona-Pandemie – ganz viel Aufmerksamkeit. Die Remshaldener Sozialpädagogin Edeltraud Elge-Illg hat in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses betont: „Ich habe jeden Tag wirklich viele Einzelgespräche.“ Depressionen, Versagensängste, solche Probleme hätten sich während der Corona-Pandemie verstärkt, müssten gemeinsam bearbeitet werden. Oft – gerade im Realschulbereich – auch ohne die Beteiligung der Eltern. Hier können die Jugendlichen selbst bestimmen, wer zur Beratung hinzugezogen, wer über Probleme informiert werden soll. „Sie genießen es sehr, dass wir eine Schweigepflicht haben.“ So gibt’s einen unabhängigen Ratgeber, der ihnen in schweren Situationen zur Seite steht. Und: „Es ist extrem, was die Corona-Pandemie aufgedeckt hat.“ Die Einzelfallberatung sei wichtig wie nie zuvor.
Und ihr Kollege Marcel Rademacher, der an der Grundschule Grunbach pädagogisch arbeitet, bestätigt, dass es aktuell mehr Arbeit gebe, als Kapazitäten der Pädagogen. Weshalb die Antwort auf die Frage von Gemeinderat Klaus Schäufele (ALi), was denn die Gemeinde tun könnte, um die Schulsozialarbeit weiter zu verbessern, klar war: Ein größeres Stundenkontingent wäre aus Sicht der Pädagogen wünschenswert – denn Arbeitszeit, das sei es, was aktuell am meisten fehle. Rund zehn Prozent mehr, das würde etwa vier Arbeitsstunden mehr pro Arbeitsstelle entsprechen, könne helfen, das Pensum besser zu bewältigen.
Finanziell sei man dank des großen Engagements des Remshaldener Hilfsvereins „Aufbruch“ gut aufgestellt. Edeltraud Elge-Illg sei immer wieder beeindruckt, wie schnell und unkompliziert die Zusammenarbeit mit dem Verein funktioniere. Mit 10.000€ beteiligt sich der Verein jährlich an der Schulsozialarbeit, hinzu kommen immer wieder Spenden, die besondere Aktionen möglich machen – so auch das für Ende Juli geplante Springseil-Event in Zusammenarbeit mit dem SV Remshalden.
Alle Schüler erhielten dann ein Springseil, mit dem sie einen Flash-Mob, also an einem gemeinsamen Gruppenauftritt, teilnehmen dürfen. Das Seil dürfen die Kinder und Jugendlichen behalten und verhilft ihnen im besten Fall auch nachträglich noch zu mehr Fitness.
Dr. Erwin Aigeldinger, der Erste Vorsitzende des Vereins Aufbruch, bestärkte im Rahmen der Sitzung noch einmal den unbedingten Willen des Vereins der Sozialarbeit finanziell, aber auch ideell unter die Arme zu greifen, wo man nur könne und ermutigte die Pädagogen bei Ideen und Fragen weiterhin vertrauensvoll auf den Verein zuzukommen.
Christoph Wiedmann von der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (Eva) erklärte in jener Sitzung nun den selbst gewählten Auftrag, der wurde nämlich zuletzt im Rahmen einer Grundlagenkonzeption erstmals konkret verschriftlicht: Ziel der Pädagogen sei es, die Persönlichkeitsentwicklungen der Kinder und Jugendlichen zu fördern und deren Lebensbedingungen zu verbessern. Man wolle alles daran setzen, dass alle Schülerinnen und Schüler die gleichen Chancen auf eine gelingende Schul- und Berufsausbildung haben. Dabei habe es sich bewährt, in kritischen Situationen frühzeitig begleitend tätig zu werden. Dies zumal die Schule auch ein immer wichtigerer Lebensraum werde, merkte dazu Pädagoge Marcel Rademacher an.
„Die Schule ist kein reiner Lern-Ort mehr.“ Immer mehr Kinder und Jugendliche verbrächten ganze Tage von 7 bis 17 Uhr in der Schule. Die Schule sei damit auch ein Freizeitraum, was andere Möglichkeiten der Gestaltung aber auch andere Problemstellungen mit sich bringe. Dabei helfe es auch, die Schule als Teil eines Netzwerkes zu sehen. Immerhin ein luftleerer Raum sei sie nicht. Mit den Remshaldener Vereinen sowie den Pädagogen der offenen Sozialarbeit bestünden etliche Kooperationen, die die umfassende Begleitung einzelner Jugendlicher erleichterten.
Da derzeit die akuten Problemlagen, die sich aufgrund der Pandemie ergeben haben, gut aufgearbeitet würden, müsse man sich für die Zukunft mit neuen Fragestellungen beschäftigen, um den sozialen Raum der Schule wieder für alle neu zu erschließen, erklärte Marcel Rademacher: „Was das soziale Lernen betrifft, fangen wir wieder von vorne an.“ Immerhin seien die Schülerinnen und Schüler beinahe ein halbes Jahr darauf eingeschworen worden, alleine gut zu arbeiten. Nun müssten viele von ihnen wieder neu lernen, sich als Individuum im Klassenverband zu integrieren. Und so liegt der Fokus der Pädagogen derzeit stark auf Kleingruppen- und Motivationsangeboten. So manche Rückschritte in der sozio-emotionalen, aber auch in der motorischen Entwicklung müssten dabei momentan aufgearbeitet werden.
Die Schulsozialarbeit in Remshalden wird von Pädagogen der Eva ausgeführt. Für die beiden Grundschule gibt es je eine 50-Prozent-Stelle, für die Realschule eine 100-Prozent-Stelle.
Hauptamtsleiterin Christine Kullen lobte in der Sitzung ausdrücklich die Verlässlichkeit der Eva als Partner und die Kompetenz der Schulsozialarbeiter, sie würden eine „gute und wichtige Arbeit leisten, die nicht mehr wegzudenken“ sei.